Das Kritische Kabinett: Teil 1 / Aufstellung
24.08.-09.09.2012
Eröffnung: 24.08.2012, 19:30 Uhr
Dauer: 24.08.-09.09.2012
Zeiten: Fr-So 15-19 Uhr oder nach Vereinbarung
Das Kritische Kabinett: 1. Teil / Aufstellung
Seit etwa 100 Jahren ist die stets anwachsende Zunft der Kunst damit beschäftigt, Kriterien und Gewohnheiten zu zerbrechen und unbegreiflich zu machen. Seit langem auch wird dies institutionell unterstützt und wir alle erwarten mittlerweile von Kunst, dass sie unser Wissen, unsere Sprache und unsere Maßstäbe unterläuft und Realitäten jenseits Kritisierbarkeit und Beschreibbarkeit erzeugt. Dies alles im Blick hat sich nun ein Kreis von engagierten Vertretern der Künstlerzunft zusammengesetzt und sich gefragt: Was sollen wir aber machen, wenn uns niemand mehr kritisiert? Wozu sind wir überhaupt da, wenn uns niemand zerschimpft oder in den Himmel lobt? Und wonach sollen wir uns orientieren, wenn uns niemand Wege weist? Wie sollen wir unser eigenes Tun verstehen, wenn keiner uns sagen kann, wer wir sind?
Und sie riefen sich vier helle Köpfe, von denen sie sich Weisung und Richturteil erwarteten. Die Geister, die sie riefen, stammten teils aus etablierter Öffentlichkeit, teils aus dem Untergrund. Sie sollten ihre Weisheiten und Gesichte anhand von ausgewählten Werken Dresdner Künstler verbreiten und dabei ebenso wie die Künstler verdeckt, namenlos bleiben. Denn die Aufmerksamkeit sollte nicht durch Namen davon abgelenkt werden, worum es wirklich ging und dem Gedanken sollten traumwandlerische Freiheiten gewährt sein. So breiteten die kritischen Weisen ihre Urteilskraft aus. Und da die engagierten Zunftleute von der Kunst gelernt hatten, Richturteile und Regelsprüche nie wörtlich zu nehmen, sondern in artifiziellen Gebilden umzudeuten und ihrem jeweiligen Abenteuer gemäß zu verarbeiten oder einzuhegen, gossen sie die Lehren der Gerufenen in ein erstes Experiment – ein begehbares Arrangement.
Die ausgewählten künstlerischen Arbeiten, die das Arrangement integriert, sind räumlich in vier Richtungen aufgebaut. An der rechten Raumseite steht ein farbenprächtiges Gemäldetriptychon in Panoramaformat, vor der abschließenden Wand des Raums eine schwarze, raumgreifende Objektinstallation. Auf der linken Seite, dem Triptychon gegenüber hängt eine weniger monumentale Assemblage, während gegenüber dem Objekt eine Videoarbeit steht. Die Werke differieren auch in Stil, Atmosphäre und Gehalt. Aus ihnen blicken dem Betrachter unterschiedliche Welten entgegen.
Ihnen sind nun die Kommentare der gerufenen Geister zur Seite gestellt, die hier anonym im Medium Video präsentiert sind. Die betrachteten künstlerischen Werke sprechen eine Sprache abseits verbaler Feststellung. Die kritischen Darstellungen hingegen beschreiben, loben und tadeln und projizieren dabei jeweils ihre Deutungsraster auf die Welt und auf die künstlerischen Objekte. Die kritischen Würdigungen können Zugänge zur Kunst eröffnen und kanalisieren, können sie aber auch verschließen. Sie treten in unterstützenden oder störenden Kontakt mit dem Kunstwerk. Ist die Beschreibung, Deutung oder Kritik eng, gewaltsam oder vereinnahmend, so muss sich das Kunstwerk mit seiner eigenen Kraft dagegen durchsetzen. Dem Besucher der Installation bleibt die Möglichkeit, Kunst und Kritik miteinander zu vergleichen, aber auch die Konkurrenz der Maßstäbe, die aus den Beschreibungen, Deutungen und Bewertungen sprechen, zu beobachten.
Die Initiatoren selbst sind beglückt von der ersten Weisung, die sie aus der Verschmelzung von Kunst und Interpretation gewinnen konnten, und laden alle ein, das ab dem 24.8. begehbare Arrangement im geh8-Kunstraum zu besichtigen.